Traditionsfiguren

De Kappedeschle

Der Kappedeschle, eine Einzelfigur, fand 1937 Einzug in die Radolfzeller Fastnacht. Inspiriert durch ein Gedicht vom Radolfzeller Pfarrer Sernatinger, das bereits am Fastnachts-Dienstag 1913 in der „Freien Stimme“ veröffentlicht wurde, präsentierte Fritz Kenzler am Bürgerball das erste Mal diese Narrenfigur.

Der „Kappedeschle“ verkörpert die Geschichte des Xaver Deschle während der Zeit der Badischen Revolution von 1848. Nach einem Fastnachtsverbot bat Deschle einen Preussenkomandanten, doch wenigstens als Narr verkleidet, zum Fenster hinaus schauend Fasnet feiern zu dürfen, was ihm auch genehmigt wurde. Listig zog er sein „Narrenhäs“ an, baute sich einen Fensterrahmen und sprang damit begleitet von einer großen fröhlichen Kinderschar durch die Straßen.

 

Im Bild: Philipp Weidele

Der Narrebolizischt

Im ersten „Rothen Buch“ wird 1841 in der Aufzählung der Gründungsmitglieder ein „Narrenbüttel“ oder „Narrendiener“ erwähnt. Da damals von einem Narrengericht die Rede war, kann man davon ausgehen, dass diese Figuren Vorläufer des heutigen Narrenbolizischten gewesen sind. Den Bolizischt muss es immer wieder mal gegeben haben. Aber erst durch die konsequente närrische Arbeit des Gardisten Manzi Veit hat sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts diese Figur nach und nach richtig etablieren können. Manzi trug Mitte der 1950er Jahre aus Geldknappheit zunächst eine alte Feuerwehruniform.

Erst 1980 erhielt der Narrebolizischt durch Manzi sein heutiges Aussehen. Gebührender Nachfolger von ihm wurde 1998 „Mani“ Braun, der sich mit viel Witz und Engagement in die Radolfzeller Fasnet eingebracht. Seit 2014 haben wir mit Alan Poëzévara eine neue Generation der Narrenbolizei kennen lernen und lieben dürfen.

 

Im Bild: Alan Poëzévara

Schnitzwiiber und Schuelerbuebe

Zentrale Fasnets-Figuren, die bereits im 19. Jahrhundert bekannt waren, sind die Schnitzwiiber, die von den Schuelerbuebe begleitet werden. Die Verkleidung des Schnitzwiibs stellt die alte Tracht der Radolfzeller Bürgerfrau dar, mit schwarzer Radhaube, einem meist klein gemusterten Kattumkleid mit einfarbiger Schürze, um die Schultern ein großes buntes Türken- oder Wiener-Schaltuch. Hinter den Schnitzwiiber-Larven verbergen sich ausschließlich Männer - sprich Gardisten. Ihre Drahtgaze-Larven werden seit Jahren in mühevoller Handarbeit von Udo Biller angefertigt und bemalt. Als wichtiges Attribut trägt das Schnitzwiib einen Henkelkorb, der früher mit „Epfel, Birre, Nuss und eben getrockneten „Schnitz“ (Apfelstückchen) gefüllt war, die heute meistens durch „Guetzele“ und andere Süßigkeiten ersetzt wurden. Die Schuelerbuebe tragen einen einfachen Overall ähnlichen Anzug aus Sackleinen mit karierten Farbstreifen, ein rotgemustertes Halstuch, dazu eine mit zwei Quasten versehene geringelte Wollmütze und auf dem Rücken einen alten ledernen Schulranzen. Zu ihren närrischen Accessoires gehören „Saubloter“ und natürlich die „Klepperle“.

Schnitzwiiber mit Schuelerbuebe spielen eine erzieherische Rolle in der Fasnet. Sie bringen den Kindern und den Jugendlichen am Schmutzige Dunschtig bei der Schülerbefreiung die Fasnets- und Klepperlesprüche bei und belohnen sie für das richtige Aufsagen mit „Schnitz“ oder „Guetzele“. Auch dadurch werden die Fasnachtsbräuche, insbesondere die Narrensprüche an die nächste Generation weiter gegeben.