VON GABY HOTZ
Wo der Spaß richtig viel Arbeit macht!
Seine Bilder beeindrucken: Udo Biller ist einmal mehr für die Kulissen des Radolfzeller Narrenspiegels zuständig.
Der Narrenspiegel der Narrizella Ratoldi gilt als ambitionierter Höhepunkt der Radolfzeller Saalfasnacht. Folgende Organisatoren ziehen wie jedes Jahr im Hintergrund die Fäden. Peter Gaetjens und Sebastian Möhrle obliegt die Regie – und die ist erst mit den Abbauarbeiten nach dem letzten Narrenspiegel zu Ende. Die Arbeit beginnt mit den Schreibersitzungen, geht über Besprechungen mit Maske, Kulissen- und Bühnenbau, Technik und Marketing bis zur Besetzung der Rollen und der Regie bei den Proben. „Einer allein könnte das Projekt nicht stemmen, wir sprechen hier über etwa 150 Arbeitsstunden pro Kopf. Was dann auf der Bühne passiert, stellt quasi den entspannten Ausgleich zur Regiearbeit dar“, so Peter Gätjens. Jeder habe seinen Schwerpunkt. Bei ihm ist das die Kommunikation, bei Sebastian Möhrle die Technik – alles andere verteilen sie gleichmäßig.
„Das ist anstrengend, aber notwendig und macht einen Riesenspaß!“ Der Mann für die Kulisse Über die Stadt hinaus bekannt sind die Bühnenbilder von Udo Biller. „Wenn Thema und Szenen feststehen, überlege ich mir, welches Kulissenbild dazu passt.“ Er prüft, was aus dem reichen Fundus genutzt oder leicht verändert werden könnte. Für neue Motive fertigt er auf der Basis eines Fotos einen Entwurf an – selbstverständlich mit der einen oder anderen künstlerischen Freiheit. Danach muss das Ganze an die Bühnengröße angepasst werden, also an eine Breite von bis zu 11,50 Metern und eine Höhe von bis zu 4,25 Metern. „Diesmal wird das Motiv einer Szene erstmals nach meinen Vorgaben von Peter Zabel gedruckt – ich bin ja nicht mehr der Jüngste“, sagt Udo Biller. Dennoch ist er rege mit Pinsel und Farbe am Werk und schaut dazwischen bei den Proben der Gardisten vorbei. Diese bekommen die fertigen Bühnenbilder erst bei der Hauptprobe im Milchwerk zu sehen und staunen jedes Mal aufs Neue über den Künstler in ihren Reihen.
Viele Helfer beim Bühnenbau
Christian Uhl ist für den Bühnenbau zuständig. Er beginnt etwa vier bis sechs Wochen vor der Premiere, da dann die Szenendetails feststehen. „Normalerweise arbeiten wir für den Bühnenbau im Fünfer-Team zusammen. Doch dieses Jahr drücke ich die Schulbank – ebenso wie Philipp Weidele.“ So bleibt an Benni Karrer, Axel Heinzelmann und Daniel Uhl etwas mehr Arbeit hängen. Hilfreich ist, dass alle in handwerklichen Berufen tätig sind. Ein weiterer Vorteil: Sie können die Werkstätten zweier Chefs in Öhningen und Radolfzell nutzen. „Manchmal gibt's noch kleine Änderungen bei der ersten Probe im Milchwerk, jedoch nie was Wildes“, meint Christian Uhl. Einziges Problem: „Gelegentlich sind die Türen des Milchwerks für unsere Aufbauten zu klein . . .“
Professionelle Technik
Robert Grünwald ist für die Ton- und Lichttechnik zuständig und es ist ein Glück für die Garde, dass „Lobo“ mit der Milchwerk-Technik vertraut ist und einen guten Draht zu den Haustechnikern hat. Und doch ist jeder Narrenspiegel eine Herausforderung: „Sobald ich weiß, was gespielt wird, und die Besetzungsliste habe, muss ich überlegen, welche Technik von wem gebraucht wird, welche Lichteffekte passen und vieles mehr.“ Die Feinabstimmungen und so manche Optimierungen kann Robert Grünwald jedoch erst bei den letzten Proben im Milchwerk vornehmen. „Trotz der Erfahrung ist das immer eine Herausforderung“, betont der Spezialist. Und an sämtlichen Spieltagen braucht er mit Kopfhörer, Fernbedienung und Steuerpult volle Konzentration. „Die Darsteller können nicht vier Aufführungen lang exakt gleich spielen. Doch jede Bewegungsänderung verändert beispielsweise die Scheinwerfereinstellung – da darf ich die Gardisten auf der Bühne keine Sekunde aus den Augen lassen.“
Seefunk mit besonderer Note
Die Vollblut-Musiker des Seefunks unter Leitung von Thomas Kauter versuchen ab Mitte Oktober ein Thema für ihren Auftritt zu finden – jeder macht sich Gedanken. Danach heißt es für jeden des Seefunk-Teams, ein Lied zu finden und sich dazu einen passenden Text einfallen zu lassen. „So bekommen wir eine Vielfalt von Stilrichtungen und Inhalten darüber, was im abgelaufenen Jahr in Radolfzell los war“, erklärt Thomas Kauter. Bis zu ihrem Probenwochenende auf dem Bürserberg in Österreich Ende November müssen alle Liedtexte stehen. Bei den weiteren Proben wird ständig am Auftritt gefeilt – seit 2014 gibt's hierzu Unterstützung von Romy Bromma. „In dieser Vorarbeit entstehen dann auch meist spontan die Kostüme und so mancher Blödsinn“, so Thomas Kauter.
Höhepunkt der Saalfasnacht
Die Saalfasnacht in der Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fasnacht in Radolfzell beginnt mit einem Höhepunkt der Narrizella Ratoldi: dem Narrenspiegel der Garde. Lokale Jahresbilanz mit Witz: Die Besonderheit des Narrenspiegels besteht darin, dass vor allem lokale Begebenheiten in der Stadt aus dem abgelaufenen Jahr in humoriger Weise auf die Schippe genommen werden – sei's nun mittels Büttenreden, Bühnenszenen oder Musik. Die Narrenmusik sorgt auch in den Pausen für Stimmung, so dass mitgesungen, geklatscht und gekleppert wird. Vorbereitung: Die erste von drei Rollenschreiber Sitzungen findet bereits Anfang Oktober statt. Danach gibt es etliche Gardisten mit besonderen Aufgaben beispielsweise für die Regie, den Bühnenbau, die Kulissen, Technik oder Musik. Hinzu kommen ausnahmsweise Helferinnen, damit die Akteure auf der Bühne die bekannten Radolfzeller Personen, aber auch Bürger und Bürgerinnen in Gestik, Mimik und Sprache sowie im Aussehen darstellen können. Geheimhaltung: Wie immer wollen die Gardisten im Vorfeld nichts über die Szenen des Narrenspiegels nichts verraten.